Gegen Ende der Regierungszeit von Kaiser Augustus entstand im ersten
Jahrhundert nach Christus das nach dem Kolosseum von Rom zweitgrößte
römische Amphitheater: die Arena von Verona. Ursprünglich befand sie sich
außerhalb der Stadtmauern. Erst im Jahre 265 wurde sie aus
Sicherheitsgründen von der durch Kaiser Gallienus erbauten Stadtbefestigung
eingeschlossen. Die Überreste dieser Befestigung sind noch heute nahe der Arena auf der Piazzetta Mura Gallieno zu sehen.
Noch bis ins zehnte Jahrhundert war die Arena fast vollständig erhalten. Erst
ein Erdbeben im elften Jahrhundert brachte die Außenmauer zum Einsturz. Bis
heute erhalten ist die „Ala“, ein Flügel der Außenmauer aus fünf Pilastern und
Arkaden, der eine Vorstellung vom ursprünglichen Ausmaß des Bauwerks vermittelt.
Im Gegensatz zum Kolosseum in Rom, das im Mittelalter als Steinbruch
missbraucht wurde, wurde die Arena in Verona durch die Jahrhunderte stets geschützt und
gepflegt. Heute gilt die Arena di Verona als das besterhaltene
Amphitheater aus römischer Zeit.
Hier wird die Arena für eine Opernaufführung vorbereitet:
Die roten Polstersitze sind schon installiert und die Teppiche z.T. schon ausgelegt,
die Bühne (im Hintergrund) ist allerdings noch leer.
Foto:
Meichimite
Platz für 25.000 Personen!
Die Arena hat einen ellipsenförmigen Grundriss, der in Höhe der beiden Tore eine
Länge von 138,77 Metern aufweist. Das Oval im Inneren, einst Kampfplatz der
Gladiatoren, misst 73,68 x 44,53 Meter. Die „Cavea“,
der sich an den Seiten hochziehenden Zuschauerraum, wird von 45 jeweils 45
Zentimeter hohen Steinstufen gebildet. Diese Stufenreihen bieten Platz für 22.000
Menschen, im inneren Oval können noch einmal 3.000 Menschen Platz nehmen.
Auf diesem Foto kann man deutlich die verschiedenen Preiskategorien der Plätze
ablesen:
Im Innenraum die sehr teuren gepolsterten roten Stühle, dann zwei Abschnitte der
bestuhlten "Prima Gradinata"
und oben die billigeren Plätze auf den Steinstufen der "Seconda Gradinata"
Foto:
David Monniaux
Unterkünfte in Verona, Flüge und Mietwagen:
1913 - Die erste Opernaufführung:
Anlässlich des 100. Geburtstages von Giuseppe Verdi (1813-1901) fand am 10.
August 1913 erstmals eine Opernaufführung in der Arena statt. Man hatte
einen Ort gesucht, an dem man mit einer Aufführung der Aida den Geburtstag
des Komponisten gebührend feiern konnte. Nur die Größe der Arena schien der
Größe des Maestro angemessen. Die Einwohner Veronas nahmen die Idee
begeistert auf,
allein der Stadtrat war dagegen und protestierte gegen die "Entweihung" des
antiken Monuments.
Zum Glück für Verdi, Verona und die Opernbegeisterten der Welt konnten die
Gegner des Projektes jedoch umgestimmt werden. Als die Fachleute bei den
Vorbereitungen die Akustik in der Arena überprüften, stellten
sie zu ihrer Überraschung fest, dass sich der Klang keinesfalls, wie
befürchtet, im Raum verlor, sondern harmonisch floss, ähnlich wie in einem geschlossenen Theater.
Als es endlich so weit war, strömten aus allen Richtungen die Zuschauer herbei,
sogar mit Sonderzügen aus Paris und Petersburg.
Im Innenraum der Arena waren für die hohen Gäste gepolsterte Stühle aufgestellt
worden. 15 Lire mussten für so einen Platz berappt werden. Das gemeine
Volk nahm dagegen auf den harten Steinstufen Platz und musste dafür
immerhin noch eine Lira bezahlen, zu jener Zeit der Preis einer anständigen
Mahlzeit.
Als der nachtblaue Himmel über der Arena stand, erklangen die ersten Töne der
Ouvertüre. Die Menge überschlug sich vor
Begeisterung, als 20 schwarze Sklaven Radames zu den Klängen des Triumpfmarsches
hineintrugen, die von 30 Reitern und sage und schreibe 800 Sängern begleitet
wurden. Das überwältigende Ereignis kommentierte später ein Zeitgenosse: „Das
Außerordentliche war die Begegnung zwischen der Arena und ihrem Publikum“.
Und das ist es, was das Besondere an den Opernaufführungen in der Arena di
Verona bis auf den heutigen Tag ausmacht: Die Zuschauer werden zu Komparsen, sie
nehmen Teil am gigantischen Geschehen.
Eine Aufführung der "Tosca" (2008)
Foto: Ursula Wiegand
Schwierigkeiten gibt es oft mit der Bühne. Die ungewöhnlichen Dimensionen – von der Bühnenrampe bis zu
den ersten Sitzen sind es 50 Meter – haben so manchen Sänger, Dirigenten und
Opernregisseur in die Verzweiflung getrieben. Ein Chor von 30 Sängern mag in einem
normalen Stadttheater üppig erscheinen, auf der 1.500 qm großen Bühne der Arena wirkt er
geradezu lächerlich klein. Der Chor der Aida wurde deshalb auf 180 Personen aufgestockt.
Zusammen mit den unzähligen Statisten, den Reitern und den zahlreichen Tieren
auf der Bühne bedarf es schon der Qualitäten eines
Monumentalfilm-Regisseurs, um die Aufführung geordnet auf die Bühne zu bringen.
Eine Aufführung der "Aida" (2011)
Foto: Jakub Hałun
Was ist bei einem Opernbesuch in der Arena zu beachten?
Heute finden die großen Opernaufführungen von Mitte Juni bis Ende August statt.
Immer noch sitzen die feinen Gäste auf gepolsterten Plätzen im Innenraum oder
gar auf dem Balkon über dem Eingangstor, auf dem zu römischer Zeit der
Statthalter Platz nahm und der heute dem Bürgermeister und seinen Gästen
vorbehalten ist.
Die weniger betuchten Opernbesucher nehmen nach wie vor auf den Steinstufen
Platz. Hier, auf den Billigplätzen der "Seconda Gradinata", ist die Stimmung
allerdings am besten.
Wer eine Karte für die Seconda Gradinata erworben hat, sollte sich beizeiten
vor Vorstellungsbeginn anstellen, um noch einen annehmbaren Platz zu ergattern.
Geöffnet wird meistens erst eine Stunde vor der Aufführung. Schnell füllen sich
dann die Ränge, so dass man, wenn
man später kommt, nur noch ganz oben und an den äußersten Seiten, wo die Akustik
am schlechtesten ist, einen Platz findet.
Auf den preiswerten Rängen ist Opernkleidung unangemessen, stattdessen sollte
man möglichst bequeme Kleidung tragen und ein Sitzkissen mitbringen. Die nackten
Steine sind hart und der Hintermann stellt seine Füße auf den Treppenabsatz, auf
dem der Vordermann sitzt.
Da sich hier neben Opernbegeisterten auch viele Neugierige einfinden, überlagern oft viele Geräusche die Klänge von der Bühne, die weit weg liegt. Da wird
geflüstert und gekichert, mit Brotpapier geknistert und da zischen die
Coladosen. Wer einen wirklich genussvollen Opernabend in der einmaligen
Atmosphäre unter freiem Himmel erleben möchte, sollte daher etwas mehr für die
Karten anlegen. Dann wird der Besuch zu einem wahrhaft einzigartigen Erlebnis.
Die prachtvollen Kostüme, die gigantische Kulisse, Chor, Sänger und Orchester
bieten ein unvergleichliches Spektakel. Wenn es dann dunkel geworden ist, werden
überall in dem riesigen Halbrund mitgebrachte Lichter entzündet (früher waren es
Kerzen, später Feuerzeuge, heute Smartphones) und tausend
Lichter glitzern in der Nacht – ein grandioser Anblick.
Ein weiteres Foto einer Aufführung der "Aida" (2006)
Foto:
Nicolai Schäfer
Und wenn es regnet?
Schon bei den ersten Regentropfen wird in der Regel die Aufführung
sofort unterbrochen - die wertvollen Musikinstrumente des Orchesters würden
sonst Schaden erleiden. Wenn der
Regen aufhört, geht es wieder weiter, auf diese Weise kann eine Aufführung
leicht die ganze Nacht dauern. Sollte es allerdings anhaltend regnen, wird die
Aufführung ersatzlos abgebrochen. Auf diese Weise kann man die Carmen auch schon einmal überleben sehen.
Wenn spät in der Nacht die Zuschauer aus der Arena strömen, kehrt hier noch
lange keine Ruhe ein. Mit großem Getöse werden die Kulissen abgebaut und die
Dekorationen für den nächsten Abend herangeschafft. L'opera deve continuare –
die Oper muss weitergehen.
Die Arena von Verona ist auch ein
beliebter Schauplatz für Rock- und Popkonzerte.
Hier ein Konzert von Gianna Nannini
in der ausverkauften Arena.
Fotos: Wolfgang Pruscha
Die Arena von Verona ist auch ein
beliebter Schauplatz für Rock- und Popkonzerte.
Hier ein Konzert von Gianna Nannini
in der ausverkauften Arena.
Fotos: Wolfgang Pruscha